Brandkatastrophen verhindern
Besonders Schweine und Hühner wollen in ihrer Panik den brennenden Stall oft nicht verlassen, rotten sich zusammen oder rennen beim Fluchtversuch sogar in die Flammen.
Achthundert Schweine verendeten am 8. Mai 2024 elendiglich in einem Stall in Gossau SG. Das war leider kein Einzelfall. Zu viele Tiere kommen bei Stallbränden ums Leben, weil klare gesetzliche Vorgaben fehlen und sich Bund und Kantone den Ball hin- und herschieben.
Dr. Ing. Agr. ETH Pius Odermatt, Leiter Politik STS
Leider kommt es in der Schweiz immer wieder zu verheerenden Stallbränden. Schon im vergangenen Dezember kamen in Bottens VD) fünfhundert Rinder und Kälber ums Leben. Um dagegen anzukämpfen, hat der Schweizer Tierschutz STS Merkblätter zur Brandverhütung erstellt. Damit werden aber längst nicht alle Tierhaltenden erreicht. Die Anwendung der Empfehlungen ist freiwillig und bedeutet Mehrkosten, die einzelne Tierhaltende scheuen und sogar potenzielle Brände in Kauf nehmen.
Dringender Handlungsbedarf
Vor diesem Hintergrund besteht deshalb auf rechtlicher Ebene dringender Handlungsbedarf, um tragische Schicksale zu verhindern und die Tiere zu schützen. Verschärfte gesetzliche Regelungen und behördliche Kontrollen müssen gewährleisten, dass die Rettung der Tiere im Brandfall genauso effektiv und schnell möglich ist wie die von Menschen.
Abklärungen des STS haben ergeben, dass die Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) an einer Revision der Schweizerischen Brandschutzvorschriften arbeitet, die 2026 in Kraft treten sollen. Leider beinhaltet diese Revision primär den Personenschutz – der Tierschutz wird ausgeklammert. Die VKF hatte das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV in einem Schreiben vom Januar 2022 sogar über diesen Entscheid informiert. Ihre Begründung ist, dass ein (allfälliger) Erlass von Brandschutzvorschriften im Dienst des Tierschutzes Sache der für das Tierwohl verantwortlichen Verwaltungsstellen des Bundes sei.
Auf dieses Schreiben hat die Bundesstelle leider auch nach über zwei Jahren nicht geantwortet. Somit fällt der Tierschutz in der Revision der Brandschutznormen zwischen Stuhl und Bank. Und da die neuen Brandschutzvorschriften schon 2026 in Kraft treten sollen, ist für die Erarbeitung tierspezifischer Normen viel Zeit verloren gegangen.
Postulat eingereicht
Vor dem Hintergrund dieser eklatanten Gesetzeslücke hat Nationalrätin Anna Giacometti (FDP, GR) in der Frühlingssession mit fachlicher Unterstützung des STS ein Postulat eingereicht. Dieses verlangt vom Bundesrat, dass er die Einführung tierspezifischer Brandschutzvorschriften für Ställe prüft. Giacometti argumentiert, dass vorbeugender Brandschutz schon im Planungsstadium von baulichen und technischen Anlagen sowie in bereits bestehenden Betrieben angemessen zu berücksichtigen und gegebenenfalls anzupassen sei. Mit Brand- und Rauchmeldern sowie Sprinkleranlagen in Ställen gibt es dafür heute präventive technische Lösungen.
Panik verhindert Flucht
Besonders Schweine und Hühner wollen in ihrer Panik den brennenden Stall oft nicht verlassen, rotten sich zusammen oder rennen beim Fluchtversuch sogar in die Flammen.
Im Weiteren fordert Nationalrätin Giacometti, dass dem bei Bränden artenspezifischen Verhalten Rechnung zu tragen sei. Besonders Schweine und Hühner wollen in ihrer Panik den brennenden Stall oft nicht verlassen, rotten sich zusammen oder rennen beim Fluchtversuch sogar in die Flammen. Diesen Umständen soll mit ausreichenden vorbeugenden Brandschutzmassnahmen und der Planung von geeigneten Fluchtwegen Rechnung getragen werden. Neben der Einführung tierspezifischer Brandschutzvorschriften braucht es eine zusätzliche Kontrolle durch ein Amt respektive eine Stelle mit der entsprechenden Fachkompetenz.
Bund schiebt Ball zu Kantonen
Dies sieht der Bundesrat leider nicht so und empfiehlt dem Nationalrat eine Ablehnung des Postulats. In seiner Stellungnahme vom 24. April 2024 argumentiert er, dass es keine Bundeskompetenz zum Erlass von Brandschutzvorschriften gebe. Dies falle in die Kompetenz der Kantone. Vor dem Hintergrund der immer wiederkehrenden Brandfälle ist es sehr fragwürdig, wenn der Bundesrat den Ball wieder zu den Kantonen zurückspielt. Der STS ist klar der Meinung, dass der Bund für den Tierschutz zuständig ist und in seiner Gesetzgebung – der Tierschutzverordnung – für tierschutzspezifische Brandschutzmassnahmen sorgen muss.
Mit Unterstützung von Rechtsprofessor Peter V. Kunz, Mitglied des STS-Zentralvorstands, wird der STS den Parlamentarierinnen und Parlamentariern juristische und fachliche Argumente liefern, warum das Postulat von Nationalrätin Anna Giacometti sehr schnell umzusetzen ist. Denn Stallbrände wie jener in Gossau dürfen nicht mehr zu den traurigen wiederkehrenden Schlagzeilen gehören.
STS-Merkblätter
Immer wieder kommt es zu Bränden in Ställen. Nicht immer gehen sie glimpflich ab, manchmal bedeuten sie den Tod vieler Tiere. Besonders gefährdet sind Tiere in Schweine- und Geflügelställen, da es dort kaum möglich ist, sie bei einem Brand zu evakuieren. Mit dem Merkblatt «Brandursachen und -schutz in Ställen» und der dazugehörigen Checkliste unterstützt der Schweizer Tierschutz STS Landwirtschaftsbetriebe beim Einrichten von Stallungen und der Vorbereitung auf eventuelle Notfälle.
Tags: Tierreport 2/24