Igel in Nöten
Wildtiertagung: Igel in Nöten (© Fotos: Adobe Stock (2), Nico Manser (1))
Wo lauern Gefahren für die Igel und wie lassen sich diese minimieren? Dies waren die zentralen Fragen der siebten Wildtiertagung des Schweizer Tierschutz STS. Über hundert Interessierte nahmen am 3. Mai 2024 daran teil. Die hohe Beteiligung belegt, wie aktuell das Thema ist und wie wichtig es ist, sich über den Schutz der Igel auszutauschen.
Dr. sc. nat. Samuel Furrer, Zoologe, STS-Geschäftsführer Fachbereich
Der Igel ist für den Tierschutz von besonderem Belang. Kaum ein anderes Wildtier ist dermassen präsent im menschlichen Siedlungsraum. Grundsätzlich scheint es sich mit uns arrangieren zu können. Allerdings lauern viele durch den Menschen verursachte Gefahren auf das stachelige Wildtier. Zum Beispiel die Verwendung von Rasenmähern oder anderen gefährlichen Gartengeräten; der Einsatz von Giftstoffen; Fallen wie Swimmingpools oder offene Kellerschächte; unüberwindbare Hindernisse wie hohe Treppen. Nicht zu vergessen die grosse Gefahr, die ausserhalb der Gartenanlagen droht: der Strassenverkehr.
Igelfreundliche Gartengestaltung
Unfälle mit Gartengeräten wie Rasen- und Fadenmäher sind an der Tagesordnung. Unzählige Igel mit schweren Schnittverletzungen oder abgetrennten Gliedmassen werden bei den Igelauffangstationen abgegeben.
Simon Steinemann, Landschaftsarchitekt und Geschäftsführer des Igelzentrums Zürich, zeigte in seiner Präsentation anschaulich auf, wie grundsätzlich jeder Garten igelfreundlich gestaltet werden kann. Igelfreundliche Elemente wie Hecken, Ast-Laub-Haufen sowie Unter- und Durchschlüpfe sollen erhalten oder neu geschaffen werden. Im Pflanzenbeet sind robuste Sorten zu bevorzugen, sie sind weniger anfällig für Schädlinge und Krankheiten. Mit einheimischen Straucharten werden Insekten und Kleinlebewesen aktiv gefördert, von diesen ernährt sich auch der Igel.
Unfälle mit Gartengeräten wie Rasen- und Fadenmäher sind an der Tagesordnung. Unzählige Igel mit schweren Schnittverletzungen oder abgetrennten Gliedmassen werden bei den Igelauffangstationen abgegeben.
Neu potenziell gefährdet
Kleinräumige, strukturreiche Lebensräume, artenreiche Magerwiesen, Heckensäume oder Totholzhaufen sind den zunehmend intensiv bewirtschafteten Landwirtschaftsflächen gewichen. Der Igel wird so aus seinem ursprünglichen Lebensraum vertrieben und versucht nun sein Glück im menschlichen Siedlungsgebiet. Auf der Roten Liste der gefährdeten Arten der Schweiz ist der Igel neu als «potenziell gefährdet» eingestuft. Eine aktuelle Studie belegt, dass in der Stadt Zürich die Igelpopulation in den letzten 25 Jahren um 40 Prozent geschrumpft ist und die Verbreitung der Igel um rund 18 Prozent abgenommen hat.
Madeleine Geiger von SWILD stellte diese eindrücklichen Daten vor. Wahrscheinlich spielt dabei auch der Rückgang der Insekten eine grosse Rolle. Als eigentlicher Insektenfresser ist der Igel natürlich auf diese Nahrungsgrundlage angewiesen. Igel können nicht auf andere Nahrung ausweichen, sie fressen auch kein Obst, wie häufig angenommen wird, sondern sind (fast) reine Fleischfresser.
Igelsuche per Hund
Igelsuche: Spürhund Pippa kontrolliert einen Unterschlupf beim Gartenhäuschen.
Igel sind heimlich, sie verstecken sich meist den Tag über. Alte, unbewohnte Gebäude beispielsweise oder auch strukturierte Gärten eignen sich als Schlafplatz oftmals hervorragend. Werden solche Strukturen abgerissen oder gerodet, droht den dort hausenden Igeln grosse Gefahr.
Um tierisches Leid zu vermeiden, hat die Spürhundeführerin Mirella Manser ihre Hunde auf den Nachweis von Igeln trainiert. Mit diesen Supernasen ist es möglich festzustellen, ob sich Igel im betroffenen Gebiet aufhalten. Igel werden geborgen und nach den Bauarbeiten wieder in der Nähe ausgesetzt – denn die Igel sind sehr ortstreu. Leere Igelnester werden registriert und es wird sichergestellt, dass sie auch noch leer sind, wenn die Bau- oder Rodungsfirma mit ihrer Arbeit startet. Da die Sucharbeit für die Hunde äusserst anstrengend ist, dauert ein Einsatz nur rund 20 Minuten. Danach dürfen sie sich während 45 Minuten erholen. Igelspürhunde absolvieren ein zweijähriges Training. Danach braucht es fast tägliches Training, um die Suchkondition zu erhalten und ihre Fähigkeiten weiter zu schulen.
Igel auf der Krankenstation
Dass Igel mit massiven Problemen zu kämpfen haben, zeigt auch die steigende Zahl der Igelpatienten in Auffangstationen. Es ist auch für Laien wichtig zu wissen, ab wann es sinnvoll ist, dem Wildtier zu helfen und welche Hilfe schlussendlich auch sinnstiftend ist. Gerade jetzt in der Vegetationszeit, wenn das Grün spriesst und wuchert, sind Unfälle mit Gartengeräten wie Rasen- und Fadenmäher an der Tagesordnung. Unzählige Igel mit schweren Schnittverletzungen oder abgetrennten Gliedmassen werden bei den Igelauffangstationen abgegeben. Manchmal kommt die medizinische Hilfe leider zu spät. Und trotzdem zeigt sich, wie robust das Wildtier Igel ist und über welche erstaunliche Regenerationsfähigkeit es verfügt. Annekäthi Frei, Tierärztin des Igelzentrums, zeigte eindrücklich auf, wie sinnvolle medizinische Betreuung von Igelpatienten funktionieren kann.
So können Sie mithelfen
Der Schweizer Tierschutz STS unterhält seit Jahren den Fonds für Wildtiere und unterstützt damit in erster Linie die Arbeit von Sektionen und angeschlossenen Igelstationen. Um diese Arbeit weiterführen zu können, sind wir auf Spendengelder angewiesen. Ziel ist es auch in diesem Jahr, diese immens wichtige Tierschutzarbeit mit rund 200 000 Franken sicherzustellen. Dafür brauchen wir Sie – herzlichen Dank für Ihre wichtige Unterstützung!
STS-Merkblätter
- Igel kennen, Igel schützen
- Tierfreundliche Umgebungsgestaltung rund ums Haus und im Garten
Tags: Tierreport 2/24