Fit für den Weidegang
Fit für den Weidegang. Fotos: © Adobe Stock)
Der Frühling erfreut nicht nur unsere Gemüter, sondern auch jene der Pferde, Ponys und Esel. Denn endlich können sie wieder auf die grüne Wiese, wo sie sich am wohlsten fühlen. Nun gilt es aber, das Anweiden sehr sorgfältig und schrittweise anzugehen, um Verdauungsprobleme zu vermeiden. Insbesondere bei Eseln ist mit dem Weidegang vorsichtig umzugehen.
Thomas Frei, Edith Müller (Eselmüller-Stiftung) und Sandra Schaefler, dipl. Zoologin, STS-Fachstelle Heimtiere und Pferde
Den Pferden wäre es zu gönnen, ganzjährig auf die Weide gehen zu können. Doch bei unserem Klima und den meist knappen Platzverhältnissen ist ein ganzjähriger Weidegang schwierig. Speziell dieses Jahr war im Januar dermassen viel Niederschlag zu verzeichnen, dass man die Pferde unmöglich rauslassen konnte. Nach der wetterbedingten Weidepause ist dem Anweiden eine umso grössere Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Grund ist die Futterumstellung von trockenem Heu auf saftiges Grünfutter.
Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist der Übergang von der Stallhaltung mit Heufütterung zur Weidesaison eine kritische Zeit. Denn in der Natur kommen solch radikale Futterumstellungen nicht vor, folglich ist der Verdauungsapparat der Pferde darauf nicht eingerichtet. Im Rahmen eines richtigen Anweidemanagements kann sich der Körper des Pferds aber langsam an das neue Futterangebot gewöhnen. Gesundheitliche Probleme wie Durchfall, Kolik, Kotwasser oder gar Hufrehe können dadurch vermieden werden.
Wann dürfen sie raus?
Der richtige Anweidezeitpunkt bei Pferden ist gekommen, wenn das Gras etwa zwanzig Zentimeter hoch ist. Je nach Standort und Wetterlage kann sich das Anweiden um eine längere Zeitspanne vor- oder zurückschieben – in den Jahreskalender eintragen lässt es sich auf jeden Fall nicht. Herrschen eher kühle Witterungsverhältnisse, kann das spriessende Gras die aufgenommene Energie nicht in Wachstum umsetzen, sondern lagert den Überschuss in einen Zuckerspeicher ein. Ein Übermass dieser eingelagerten Fruktane führt zu oft folgenschweren Verdauungsproblemen bei den Pferden. Junges Frühlingsgras enthält besonders viele Kohlenhydrate in Form von Fruktan. Zu viel davon verändert die Verdauung des Pferds. Ein Pferd kann in einer Stunde bis zu vier Kilogramm Gras fressen.
Pferdebesitzerinnen und -besitzer müssen das Anweiden ihrer Pferde oft selbst in die Hand nehmen. Im Pensionsstall gibt es meist nur ein Datum, wann mit der Weidezeit begonnen werden soll. Daher empfiehlt es sich, bereits einige Wochen vor Weidebeginn mit dem Angrasen an der Hand zu beginnen und die Weidezeit schrittweise zu verlängern. In den ersten zwei bis drei Tagen beginnt man mit nur je fünf Minuten. Weitere zwei Tage lässt man das Pferd während zehn Minuten grasen. Ungefähr eine Woche nach Beginn des Angrasens ist man so bei fünfzehn bis zwanzig Minuten angelangt und kann das Pferd in der zweiten Woche bereits dreissig Minuten am Tag grasen lassen. Optimalerweise teilt man die Zeitspanne zu Beginn auf zweimal täglich auf – das entlastet den Dickdarm zusätzlich. Sofern es keine Möglichkeit gibt, das Pferd langsam an das junge Gras heranzuführen, kann eine Ergänzung mit hochwertigen Rohfaserprodukten die Darmflora zumindest ein wenig stabilisieren.
Besondere Vorsicht bei Eseln
Eselbesitzerinnen und -besitzer sind noch mehr gefordert. Sie müssen das Anweiden ihrer Tiere noch besser in die Hand nehmen. Denn Esel sind an trockene Wüstenrandregionen gewöhnt, also nicht an saftiges Gras. Die Pferde aus der Steppe vertragen das besser.
Langsame Angewöhnung: In den ersten Tagen sollte das Pferd nur etwa fünf Minuten lang frisches Gras fressen.
Esel sollen vor und nach dem Weidegang Heu erhalten. Es soll aber insgesamt nicht zu viel sein. Daher ist zu empfehlen, sie nach der Heufütterung bereits zwei, drei Minuten an der Hand grasen zu lassen. Dieser Vorgang sollte mindestens eine Woche lang wiederholt werden. Anschliessend kann auf fünf Minuten gesteigert werden. So kann die Weidezeit jede Woche etwas länger sein. Nach etwa einem Monat ist man dann dort angelangt, wo der Bedarf für die Esel liegt. Die Empfehlung der Eselmüller-Stiftung ist, die Esel nicht länger als eine Stunde pro Tag ins saftige Grün zu lassen. Optimalerweise teilt man die Zeit zu Beginn auf zweimal täglich auf – das entlastet den Dickdarm zusätzlich.
Weidezeit: Esel dürfen nicht zu viel grünes Gras fressen.
Insbesondere Ponys und Esel sind aufgrund ihrer Neigung zu einer Insulinresistenz und ihrer gierigen Futteraufnahme gefährdet, durch die Aufnahme von fruktanreichem Weidegras an Hufrehe zu erkranken. Für Ponys, Esel und Pferde mit Hufrehe ist Weidegang tabu.
Aufzupassen ist auch auf das Gewicht. Gerade Ponys, Esel und Robustrassen werden bei unserem Qualitätsgras sehr schnell übergewichtig. Fressbremsen vermögen wohl, die Futteraufnahme einzuschränken, weisen aber auch Nachteile auf: Zwischen der Fressbremse können sich Schmutz und Futterresten ansammeln und die Pferde können Scheuerstellen bekommen oder sich den Zahnschmelz der Schneidezähne übermässig abschleifen. Zudem schränken Futterbremsen das Trinken sowie das Sozialverhalten wie zum Beispiel gegenseitige Fellpflege ein.
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