Getrübter Mozzarella-Genuss
(© Reuters)Echter Büffelmozzarella aus Italien steht bei Schweizer Konsumenten hoch im Kurs. Leider stammt der beliebte Frischkäse allzu oft aus tierfeindlicher Intensivhaltung. Zum Glück gibt es einheimische Alternativen.
Simon Hubacher
Das Original ist geschützt. «Mozzarella di Bufala Campana DOP» darf sich nennen, was aus einer der herstellungsberechtigten Provinzen in Süd-Zentral-Italien kommt. Rund 400 000 domestizierte Wasserbüffel gibt es dort, fast alle für die Produktion der fetten, nahrhaften Büffelmilch, Rohstoff des Mozzarella di Bufala. Jährlich werden in der Schweiz etwa vierhundert Tonnen gegessen; drei Viertel davon ausländischer Herkunft, hauptsächlich aus Italien.
Intensive Stallhaltung
Unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten werden, darüber sagt die DOP-Herkunftsbezeichnung nichts aus. Tatsächlich bestehen auf vielen italienischen Büffelfarmen aus tierschützerischer Sicht alarmierende Zustände. Die Wasserbüffel leben vorwiegend in Laufställen auf Spaltenböden. Nur jeder dritte Büffel in Italien hat Weideauslauf. Ursprünglich bevorzugt das Tier Feuchtgebiete als Lebensraum und hält sich gerne im Wasser oder Schlamm auf. Stattdessen sorgen an heissen Tagen bestenfalls Deckensprinkler für etwas Abkühlung. Die intensive Stallhaltung, verbunden mit verschmutzten Laufgängen und mangelnder Tierpflege, führt oft zu Klauenproblemen.
Männliche Kälber müssen sterben
Unverantwortlich ist auch der Umgang mit männlichen Kälbern. Um die begehrte Büffelmilch zu geben, muss eine Kuh jedes Jahr ein Kalb zur Welt bringen. Etwa die Hälfte sind männlichen Geschlechts. Weil sie keine Milch liefern und ihr Fleisch niemand essen mag, zeigen die Bauern kein Interesse an der Aufzucht. Sie werden im Alter von drei Wochen (oder noch früher) geschlachtet. Dokumentierte Fälle belegen auch weit grausamere Methoden, um die männlichen Kälber loszuwerden: Man lässt sie verhungern oder ertränkt sie in Gülle. Die Zahl der Tiere, die in Italien «entsorgt» werden, ob legal im Schlachthof oder illegal, ist sechsstellig. Weibliche Kälber werden kurz nach der Geburt von der Mutter getrennt und die ersten zwei Monate oder länger einzeln in Boxen aufgezogen. Wände verhindern Blick- und Sozialkontakte zu Artgenossen. Oft können sich die Tiere nicht einmal umdrehen. Sie liegen auf dem nacktem Boden, über den Urin und Kot abfliessen, und werden mit Milchersatzprodukten ernährt. Weit verbreitet ist das Spritzen des Hormons Oxytocin, das bei Kühen und Kälbern die Belastung nach der Trennung künstlich überwinden hilft.
Traurige Realität: Weibliche Kälber werden kurz nach der Geburt von der Mutter getrennt und die ersten zwei Monate ihres Lebens einzeln in Boxen aufgezogen. (© M. Rissi)
Gegen die EU-Kälberrichtlinie
Eine separate Haltung von über 60 Tagen Dauer und Trennwände zwischen den Kälbern widersprechen der EU-Kälberrichtlinie, wonach diese in Gruppen oder mindestens mit Sichtkontakt gehalten werden sollten. Darüber hinaus hat die EU bis heute keine konkreten Tierschutzvorschriften zur Haltung von (Milch-)Kühen und Büffeln erlassen, sodass diese Tierarten EU-weit ohne gesetzlichen Schutz und behördliche Tierschutzkontrollen sind. Anders in der Schweiz: Kälber müssen zwingend in Gruppen gehalten, und ausgewachsenen Tieren muss regelmässiger Auslauf gewährt werden. Eingestreute Liegeflächen und Abkühlmöglichkeiten sind Pflicht. Die Anbindehaltung von Büffeln ist zulässig, wenn auch nicht mehr sehr verbreitet.
Aus Sicht des Schweizer Tierschutz STS sollten Konsumentinnen und Konsumenten unbedingt Schweizer Büffelmozzarella vorziehen.
Schweizer Büffelmozzarella vorziehen
Der hohe Preis von italienischem Büffelmozzarella suggeriert eine nachhaltige Premiumqualität, was in Bezug auf die Tierhaltung nicht stimmt. Aus Sicht des Schweizer Tierschutz STS sollten Konsumentinnen und Konsumenten unbedingt Schweizer Büffelmozzarella vorziehen (heute stammt erst jedes zehnte verkaufte Produkt von hiesigen Tieren). Schweizer Büffelmozzarella ist zwar nicht markenrechtlich geschützt, dafür auch kaum teurer – und er garantiert eine tierschutzkonformere Tierhaltung. Qualitativ und geschmacklich schneiden Schweizer Mozzarelle di Bufala bei Degustationen regelmässig sehr gut ab. Inzwischen leben über 300 Wasserbüffelkühe auf den Wiesen und in Ställen von etwa zwei Dutzend Schweizer Betrieben. Ein Drittel der Tiere ist in Schangnau im Emmental, ein Drittel im Kanton Neuenburg, der Rest in der Ostschweiz. Die Verarbeitung erfolgt regional. So wird bei der Züger Frischkäse AG im sanktgallischen Oberbüren, fünftgrösster Milchverarbeiter der Schweiz, neben der Kuhmilch von über 400 regionalen Bauernfamilien auch die Milch von Ostschweizer Büffelkühen verwertet.
Aus Sicht des Schweizer Tierschutz STS sollten Konsumentinnen und Konsumenten unbedingt Schweizer Büffelmozzarella vorziehen. (© Fotolia)
Detailhandelsleader reagieren
Die beiden grössten Schweizer Detailhändler, Migros und Coop, führen Büffelmozzarella aus der Schweiz und aus Italien im Angebot. Die Migros gab Ende 2014 bekannt, dass sie bis ins Jahr 2020 die Schweizer Tierschutzstandards auch im Ausland einführen will. Coop bezieht für die Eigenmarken «Qualité & Prix» und «Fine Food» Büffelmozzarella aus Italien. Die Milch stammt von drei Büffelfarmen und wird in einem Betrieb verarbeitet. Die Betriebe werden zwei Mal jährlich kontrolliert und produzieren gemäss Schweizer Tierschutzverordnung.
Tags: Tierreport 1/16, Büffelmozzarella