Tierreport – Offizielles Organ des Schweizer Tierschutz STS
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Soll man Singvögel ganzjährig zufüttern?

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Schon ist wieder tiefster Winter. Unsere Vogelfutterhäuschen sind gut mit Futter gefüllt und werden rege besucht. Die Artenfülle ist meist nicht berauschend, trotzdem macht es grosse Freude, ­die ­Vögel beim Fressen zu beobachten. In der Schweiz ist vor allem die Winterfütterung populär. Den Rest des Jahres halten wir uns mit Zufütterungen zurück. Dem ist nicht überall so, im Gegenteil: Zwischen vierzig und fünfundsiebzig Prozent aller Haushalte in den USA, Australien und England füttern «ihre» Vögel ganzjährig. Was ist denn nun besser für die Tiere? Der STS hat neuere Veröffentlichungen über die Vor- und Nachteile der Ganzjahresfütterung konsultiert. Hier sind die wichtigsten Resultate dieser Studien.

Dr. sc. nat. Samuel Furrer, Zoologe, STS-Fachstelle Wildtiere

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass durch menschliche Zufütterungen wohl keine Arten vor dem Aussterben gerettet werden können. Da haben andere Faktoren einen weit stärkeren, negativen Einfluss, der auf diese Weise nicht kompensiert werden kann. Ebenfalls klar ist, dass nur eine Teilmenge unserer heimischen Vogelfauna angesprochen werden kann. Meistens sind dies häufige Arten und solche, die sich auch in urbanen Gebieten zurechtfinden. Es hat sich gezeigt, dass diese Vögel denn auch überproportional vom zusätzlichen Futterangebot profitieren. Dadurch können sie stärker in Konkurrenz treten zu den «sensibleren» Arten. Auch besteht die Gefahr, verursacht durch die meist hohe Vogeldichte rund um die Nahrungsquellen, dass die Belastung an Krankheitserregern zunehmen kann und die Krankheitsübertragungsrate erhöht ist. Interessanterweise kann diese Belastung von den Vögeln oft kompensiert werden, da sie dank des Zusatzfutters gesünder sind. Mit geeigneten Futterdispensern und richtigen Hygienemassnahmen lässt sich das Übertragungsrisiko von Krankheiten zudem massiv senken.

Der Zugang zu ganzjährig vorhandenen Futterquellen führt zu einer besseren Fitness der Vögel, zu grösseren Gelegen also, zu höheren Überlebensraten der Küken und Adulttiere, zu schnellerem Federwachstum und zu mehr körperlichen Reserven. Wichtig ist zudem der Befund, dass die untersuchten Vögel eine verbesserte Immunabwehr besassen, da sie jederzeit Zugang zu einer permanenten, vorhersehbaren Futterquelle hatten. Dies vermindert Stress bei der Futtersuche. Diese Erkenntnis ist wichtig – auch für Winterfütterungen. Behalten Sie das Futterhäuschen also den ganzen Winter über in Betrieb. Es ist Teil der Raum-Futter-Orientierung der Vögel und besonders dann wertvoll, wenn es zuverlässig genutzt werden kann. Im Gegensatz zu oft geäusserten Befürchtungen scheinen die Vögel aber keine Abhängigkeit zu den angebotenen Futterquellen zu entwickeln. Diese sind demnach ein wichtiger, aber nicht ein hauptsächlicher Teil des gesamten Nahrungsangebots. Zahlreiche Möglichkeiten bieten sich zudem an, um das «übrige» Nahrungsangebot in der Umgebung zu verbessern. Naturnahe, strukturierte Gärten oder ebensolche Terrassen und Balkone bieten Nahrung und Unterschlupf. Obstbäume, Ebereschen, Hagebuchen, andere samentragende Stauden und Sträucher, Kräuter, Gräser ...

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Dank dem zusätzlichen Angebot an vielen Insekten und Spinnen sowie an Versteck-, Brut- und Schlafmöglichkeiten lässt sich mit diesen Massnahmen die Lebensraumqualität der Vögel weiter steigern.

Geeignetes Futter:

Sonnenblumenkerne, Hanfsamen, Haferflocken, Rosinen, Obst, zerhackte Baum- und Haselnüsse, Rindertalg, Schweinefett, Meisenknödel.
Futter stets frisch anbieten!

Tags: Tierreport 3/19, Füttern, Vögel

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