Tierreport – Offizielles Organ des Schweizer Tierschutz STS
Tierreport – Offizielles Organ des schweizer Tierschutz STS

Am liebsten in «freier Wildbahn» unterwegs

Sara Wehrli (© pino covino)

Sara Wehrli (© pino covino)

© pino covino Der Lebensraum für Wildtiere schwindet in unserer hoch technisierten Welt zusehends. Gleichzeitig werden sie zuhauf in Gefangenschaft gehalten. Sara Wehrli setzt sich in allen Bereichen für bessere Lebensbedingungen für Wildtiere ein. Wenn es geht, verlässt sie das Büro und recherchiert vor Ort.

Matthias Brunner

Was kann man tun, um sein Auto vor Marderattacken zu schützen? Wie werde ich eine polternde Siebenschläferbande im Estrich wieder los? Soll man Vögel im Winter nun füttern oder besser doch nicht? Solche und ähnliche Anfragen flattern täglich auf den Schreibtisch von Sara Wehrli, oder sie beantwortet diese direkt am Telefon. Darunter befinden sich mitunter auch kuriose Fälle: So beschwerte sich jemand darüber, dass ein Detailhändler in der Obstabteilung Klebefallen für Fruchtfliegen aufgehängt hatte und forderte deshalb den STS auf, gegen den Laden vorzugehen.

Verständnis für Wildtiere schaffen

«Ich möchte vor allem sachlich informieren und somit zu einem unaufgeregten und wertschätzenden Umgang meiner Mitmenschen mit Wildtieren beitragen», sagt Sara Wehrli. Seit rund viereinhalb Jahren leitet sie die Fachstelle Wildtiere beim STS. Ihr zu siebzig Prozent bezahltes Pensum ist dabei reichlich ausgefüllt, denn abgesehen von den alltäglichen Anfragen von Privatpersonen führt sie auch teils aufwendige Recherchen und Projekte durch. Dazu ist sie ausserdem an mindestens einem Tag pro Woche in der «freien Wildbahn» unterwegs.

Recherchen vor Ort

So nimmt Sara Wehrli auch dieses Jahr die Zirkusse, die in der Schweiz auf Tournee unterwegs sind und Tiere mitführen, genau unter die Lupe und betrachtet dabei sowohl die Haltung als auch die Vorführung. Seitdem der STS jährlich einen Zirkusbericht veröffentlicht, konnten im Austausch mit den verschiedenen Zirkusdirektionen bereits einige wesentliche Verbesserungen für die Tiere erreicht werden.

«Ich möchte vor allem sachlich informieren und somit zu einem unaufgeregten und wertschätzenden Umgang mit Wildtieren beitragen.»

Ein wiederkehrendes Thema ist auch die Haltung von Zootieren. Der STS publiziert regelmässig einen umfassenden Bericht über die Zoos und Tierparks der Schweiz. Dabei kann Sara Wehrli auch auf ihre eigenen Erfahrungen aus der Praxis zurückgreifen. Im Tierpark Dählhölzli gelangte sie beispielsweise während ihres Praktikums in engsten Kontakt zu den Wölfen beim Saubermachen des Geheges oder zu den Braunbären bei der Fütterung. Als Erfolg für den STS erwähnt Wehrli die Übernahme einer ganzen Waschbärengruppe aus schlechter Haltung durch den Tierpark Dählhölzli in eine artgemässe Anlage. Grundsätzlich steht Wehrli der Wildtierhaltung aber eher skeptisch gegenüber – ein akzeptabler Grund wäre für sie etwa ein direkter Beitrag zum Artenschutz.

Doch setzt sich Sara Wehrli nicht bloss für Tiere ein, die den typischen «Jööh»-Effekt erzeugen und dadurch automatisch Mitleid erregen: «Wir konnten eine bekannte Uhrenfirma davon überzeugen, keine Uhrenarmbänder aus Python- und Waranleder mehr zu verwenden», berichtet Wehrli. In diesem Jahr wird übrigens der Zusammenhang von Leder und Tierschutz erneut im Fokus der Fachstelle stehen. Auf die neuesten Ergebnisse darf man schon jetzt sehr gespannt sein.

Begegnung auf Augenhöhe

Bereits zum dritten Mal wurde die STS-Wildtiertagung durchgeführt. Dieses Jahr stand sie unter dem provokanten Titel «Braucht es die Jagd?» (vgl. Artikel Seite 3). Die Diskussion zu diesem Thema ist wichtig, denn immer wieder treten in diesem Zusammenhang Fragen zu umstrittenen Jagdformen wie der Bau- oder der Treibjagd auf. Wehrli hat aus eigenem Antrieb die Jagdprüfung abgelegt und ebenso erfolgreich bestanden. So ist sie in der Lage, Jägerinnen und Jägern auf Augenhöhe zu begegnen – denn sie weiss, wovon sie spricht. Das wird ihr selbst von der Jägerschaft attestiert, auch wenn Wehrli Kritik an gewissen Praktiken äussert.

Gerade in der heiklen Debatte rund um die Rückkehr der Grossraubtiere Wolf und Bär kommt Wehrli zudem ihre bündnerische Herkunft und Naturverbundenheit zu Hilfe. Denn sie kennt die Lebensbedingungen der Bergbevölkerung von klein auf. Im letzten Sommer hat sie sich bei verschiedenen Alpbesuchen ausserdem selbst ein Bild davon verschafft, wie Schafe gehalten werden und was zu ihrem besseren Schutz getan werden muss. Dabei wurde ihr klar, dass Wölfe die kleinste Gefahr bilden – und noch andere Massnahmen für den Herdenschutz realisiert werden müssen.

Oft sind Wildtiere auch von gesetzlichen Bestimmungen betroffen, zu denen die Meinung der Fachstelle gefragt ist. Nebst all diesen Aufgaben ist Sara Wehrli ausserdem als engagierte Autorin für den TIERREPORT mit ihren spannenden Artikeln über Wildtiere bekannt.

Zur Person

Geboren ist Sara Wehrli 1981, aufgewachsen in Davos. Die umliegenden Berge und die Natur haben sie seit frühester Zeit geprägt. Nach der Matur studierte sie an der Universität Basel Geografie und Natur-, Landschafts- und Umweltschutz (NLU). Dabei besuchte sie auch Vorlesungen in Zoologie, Systematik, Verhaltensbiologie, Tiergartenbiologie und Artenschutz. Im Rahmen von Forschungsprojekten der marinen Biologie konnte sie aus nächster Nähe Wale und Delfine beobachten. Privat sind ihre Lieblingstiere die beiden spanischen Kater Chinito und Cato. Die machen ihr in ihrem Heimbüro jeweils unmissverständlich klar, wann es Zeit für eine Pause ist. Sara Wehrli lebt mit ihrem Partner in Basel.

STS-Fachstellen

Wer den STS erreichen will, nimmt normalerweise zunächst über die Geschäftsstelle in Basel Kontakt auf. Da kümmern sich die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als erste Anlaufstelle um sämtliche Belange des Verbandes. Zusätzlich betreibt der STS im Unterschied zu vielen anderen Tierschutzorganisationen eine ganze Anzahl von Fachstellen, die über spezifische Kenntnisse verfügen und deshalb auch kompetente Ansprechpartner für Behörden und Organisationen sind. Was deren Aufgaben sind und welche Personen diese wahrnehmen, stellen wir Ihnen ab dieser Ausgabe in lockerer Folge vor.

Tags: Tierreport 1/15

Tierreport – Offizielles Organ des schweizer Tierschutz STS