Tierreport – Offizielles Organ des Schweizer Tierschutz STS
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Auf die richtige Ernährung kommt es an

Auf die richtige Ernährung kommt es an (© istockphoto)

Auf die richtige Ernährung kommt es an (© istockphoto)

Auf die richtige Ernährung kommt es an (© istockphoto)Hätten Sie es gewusst? Das Wohlbefinden von Kleinsäugern hängt direkt von der Gesundheit ihres Verdauungstraktes ab. Die richtige Ernährung unserer Heimtiere ist von allergrösster Bedeutung. Sie hilft nicht nur, schwerwiegende und manchmal sogar tödliche Erkrankungen zu verhindern, sondern trägt auch in hohem Masse zum allgemeinen Wohlbefinden unserer Lieblinge bei.

Dr. med. vet. Isabel Bühler

Kaninchen, Meerschweinchen und Chinchillas sind Pflanzenfresser, sogenannte Herbivoren. In der freien Natur steht ihnen nur eine sehr karge Kost zur Verfügung. Ihre natürliche Nahrung wie Gras, Stängel und Kräuter ist sehr struktur- und rohfaserreich, liefert aber wenig Energie. Um mit dieser Nahrung überleben zu können, haben sie einen hoch spezialisierten Verdauungstrakt entwickelt, der aber bei falscher Futteraufnahme sehr empfindlich reagieren kann.

Heu, Heu und nochmals Heu

Die ideale Ernährung von Kaninchen, Meerschweinchen und Chinchilla sollte aus Pflanzen mit hohem Rohfaser- und Protein-, aber tiefem Kohlenhydratanteil bestehen. Hauptnahrungsmittel muss unbedingt Heu sein, welches immer und unbegrenzt zur Verfügung stehen sollte. Ist im Futter nicht genügend Rohfaser vorhanden, führt dies zu Verdauungsstörungen, da das Futter im Magen-Darm-Trakt nicht weitertransportiert werden kann. Dies verändert wiederum die lebenswichtige Darmflora, und Durchfall, Trommelsucht, Magenüberladung und Verstopfung sind die Folgen.
Viel Heu beugt auch der Bildung von sogenannten Bezoaren vor. Dies sind Haarballen, die sich im Magen von Lang­ohren bilden und üble Aufgasungen verursachen können. Bei einer unbegrenzten Heufütterung trinkt der Kleinsäuger ebenfalls viel Wasser, was nicht zuletzt Harnsteinen vorbeugt.
Körnerfutter (aus Weizen, Roggen, Hafer und Maisprodukten) ist ein sehr stärkereiches Nahrungsmittel. Es führt zu einer Senkung des pH-Wertes im Dickdarm des Kaninchens und Meerschweinchens, was die gesunde Besiedlung der Darmflora hemmt. Dies lässt buchstäblich den Raum frei für gefährliche Krankheitserreger. Auch das im Handel erhältliche Fertigfutter ist für die Ernährung von Kaninchen und Meerschweinchen nicht geeignet. Sie picken einfach die fetten und zu süssen Futteranteile he­raus und lassen die gesunden rohfaser­reichen Bestandteile links liegen.

Das leidige Übergewicht

Durch Fehlernährung kann es leicht zu Fettleibigkeit kommen, deren Folgen wie Organerkrankungen von Herz, Leber und Bauchspeicheldrüse, Bluthochdruck, Diabetes und degenerative Gelenkserkrankungen aus der Humanmedizin allgemein bekannt sind. Langohren können bei Fettleibigkeit darüber hinaus chronisch wunde, schmerzende Pfötchen entwickeln, Meerschweinchen mitunter Ballenabs­zesse. Auch Haut- und Fellprobleme und sogar lebensbedrohlicher Madenbefall können beim Kaninchen auftreten, da es bei Übergewicht für die gründliche und ausreichende Fellpflege schlichtweg zu dick ist. Ebenso steigt das Narkoserisiko, sollte einmal eine Operation notwendig sein.
Und noch etwas: Die Verfütterung von Joghurt-, Schoko- oder Vitamindrops ist aufgrund deren hohen Fett- und Zuckergehalts gänzlich abzulehnen; sie ist ganz und gar nicht artgerecht.

Aua! – Zahnprobleme

Da bei Meerschweinchen, Kaninchen und Chinchillas alle Zähne lebenslang und mit hoher Geschwindigkeit nachwachsen, ist ein ständiger Abrieb äus­serst wichtig. Dies geschieht durch ein lang anhaltendes Kauen von Heu, Zweigen und Grünfutter. Ist davon jedoch nicht genug vorhanden, können korrekturbedürftige, schmerzhafte Zahnfehlstellungen entstehen. Die Tiere verweigern dann oft das Futter und es kann zu extremem Gewichtsverlust und sogar zum Tod kommen.

Auch das gibt es: Diabetes und grauer Star beim Degu

Der Degu (Strauchratte)neigt bei nicht artgerechter Fütterung ebenfalls zu Zahnproblemen, Blähungen, Durchfall und Übergewicht. Ab und an wird eine übermässige Fellpflege beobachtet, welche sogar bis zur Selbstverstümmelung führen kann. Bei einer kohlenhy­drat- respektive zuckerreichen Kost kann Diabetes entstehen. Das Auftreten von Katarakt (grauer Star) ist beim Degu mit Diabetes besonders häufig. Die Tiere können unter Umständen komplett erblinden. Deshalb bitte kein Obst, keine Karotten, keine Körner und nur fettarme Samen zur Fütterung anbieten! Ausserdem profitiert der Degu von viel Heu, Pellets mit mindestens 15 Prozent Rohfasergehalt, etwas Grünfutter, trockenen Kräutermischungen und vielen Zweigen zum Knabbern.
Vorbeugen ist besser als heilen. Überlegen Sie sich deshalb gut, was Sie Ihrem Liebling das nächste Mal in den Futternapf legen.

Die häufigsten Fütterungs­­­­fehler beim Meerschweinchen und Kaninchen

• Zu wenig Heu
• Zu wenig Gras und grünes Blattgemüse
• Pellets mit zu tiefem Rohfaser­anteil; der Anteil sollte mind. 15 % betragen
• Täglicher Verzehr von Karotten und Früchten schadet; sie sollten nur ab und zu als Leckerli angeboten werden
• Salz- oder Mineralsteine, Kraftfutter, Nagerdrops, Knabber-Stangen etc. haben nichts im Futternapf zu suchen, sie sind zu zucker- und energiereich
• Körnermischungen sollten nicht angeboten werden, denn sie beinhalten zu viele Kohlenhydrate und zu wenig Rohfaser
• Zu wenig oder keine Zweige zum Knabbern

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