Tierreport – Offizielles Organ des Schweizer Tierschutz STS
Tierreport – Offizielles Organ des schweizer Tierschutz STS

Wildkatzen: Heimliche Waldbewohner

  • Wildkatzen: Heimliche Waldbewohner

    Wildkatzen: Heimliche Waldbewohner

  • Nachwuchs: Wildkatzen ziehen drei bis vier Jungtiere auf.

    Nachwuchs: Wildkatzen ziehen drei bis vier Jungtiere auf.

  • Auf der Jagd: Wildkatzen sind nacht- und dämmerungsaktiv und haben ein breites Nahrungsspektrum.

    Auf der Jagd: Wildkatzen sind nacht- und dämmerungsaktiv und haben ein breites Nahrungsspektrum.

  • wildkatze baum2

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  • Neue Untersuchungen zeigen, dass jede sechste Wildkatze in der Schweiz zumindest einen Teil Hauskatzenblut in sich trägt.

    Neue Untersuchungen zeigen, dass jede sechste Wildkatze in der Schweiz zumindest einen Teil Hauskatzenblut in sich trägt.

  • Typisches Merkmal: Der buschige Schwanz mit den dunklen Ringen unterscheidet die Wild- von der Hauskatze.

    Typisches Merkmal: Der buschige Schwanz mit den dunklen Ringen unterscheidet die Wild- von der Hauskatze.

  • Typisches Merkmal: Der buschige Schwanz mit den dunklen Ringen unterscheidet die Wild- von der Hauskatze.

    Typisches Merkmal: Der buschige Schwanz mit den dunklen Ringen unterscheidet die Wild- von der Hauskatze.

Wildkatzen: Heimliche Waldbewohner. (Fotos: © Adobe Stock [4], Nature Picture Library [3])

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Wildkatze in der Schweiz bis an den Rand der Ausrottung verfolgt und ihr Lebensraum durch Abholzung der Wälder zerstört. Die Bestände im Mittelland erloschen. Erst 1962 wurde die Art schweizweit unter Schutz gestellt. Seither haben sich die Bestände erholt und die Wildkatze breitet sich nachweislich wieder aus. Doch nun droht Gefahr aus den «eigenen Reihen».

Dr. sc. nat. Samuel Furrer, Zoologe, STS-Geschäftsführer Fachbereich

Die europäische Wildkatze besiedelt Europa in zwei Unterarten und lebt in der Schweiz grossmehrheitlich entlang der Jurakette bis auf 1000  Meter über Meer. In höheren Lagen verhindern geschlossene Schneedecken eine erfolgreiche Jagd auf Kleinnager. Nachweise von Wildkatzenbeständen im Mittelland und im Voralpengebiet bleiben vorerst Einzelfälle. Zersiedelte Gebiete oder landwirtschaftlich genutzte Flächen im Mittelland behagen der Wildkatze nicht. Wildkatzen sind scheu, leben heimlich, sind vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiv und werden deshalb von uns Menschen kaum wahrgenommen. In ihrem bevorzugten Habitat, den grossflächigen Laubmischwäldern, sind sie zudem dank ihrer Fellzeichnung hervorragend getarnt. Wildkatzen leben einzelgängerisch und besetzen Territorien von einigen Quadratkilometern Fläche.

Aufzucht und Feinde

Nachwuchs: Wildkatzen ziehen drei bis vier Jungtiere auf.

Von Anfang Jahr bis März findet die Paarungszeit statt. Nach einer Tragzeit von rund 68 Tagen kommen durchschnittlich drei bis vier Junge zur Welt, gut geschützt in einem hohlen Stamm oder einem leeren Fuchsbau. Deren Aufzucht ist alleinige Aufgabe der Mutter, die ihre Jungen säugt und nach einem Monat auch mit fester Nahrung zu versorgen beginnt. Wildkatzen haben ein sehr breites Nahrungsspektrum. Kleinnager werden in der Regel am häufigsten erbeutet. Daneben stehen aber auch Vögel, Hasenartige, Reptilien, Frösche, Fische und Wirbellose auf dem Speisezettel. Bereits im Alter von einem halben Jahr sind die Jungen selbstständig und verlassen die Familienstruktur auf der Suche nach einem eigenen Territorium. Zu den natürlichen Feinden zählen Luchs und Wolf, der Fuchs ist eher Nahrungskonkurrent als Prädator.

Die Wildkatze ist keine Hauskatze

Neue Untersuchungen zeigen, dass jede sechste Wildkatze in der Schweiz zumindest einen Teil Hauskatzenblut in sich trägt.

Auf der Jagd: Wildkatzen sind nacht- und dämmerungsaktiv und haben ein breites Nahrungsspektrum.

Tagschläferinnen: Wildkatzen verschlafen den Tag gern in einem hohlen Baumstamm.

Wildkatzen haben nie die Nähe des Menschen gesucht und wurden auch nie gezähmt. Dies im Gegensatz zu ihrer Verwandten, der Falbkatze aus Afrika. Angelockt durch die grossen Nagerbestände und das entsprechend gute Nahrungsangebot in der Nähe von menschlichen Behausungen und Siedlungen, hat sich die afrikanische Wildkatze vor neuntausend Jahren praktisch «selbstständig» domestiziert. Alle Hauskatzenrassen haben ihren Ursprung in der Falbkatze. Vor rund zweitausend Jahren wurde die Katze über die Handelswege der Römer (zusammen mit der Hausmaus) nach Mitteleuropa verfrachtet und gelangte damit auch in den Lebensraum der lokalen Wildkatze.

Vermischung birgt Gefahren

Neue Untersuchungen zeigen, dass jede sechste Wildkatze in der Schweiz zumindest einen Teil Hauskatzenblut in sich trägt.

Obwohl sich die Entwicklungslinien der Wild- und Falbkatzen vor über zweihunderttausend Jahren getrennt haben, sind beide Arten nach wie vor eng miteinander verwandt. So eng sogar, dass sich aus Kreuzungen fortpflanzungsfähige Nachkommen ergeben. Tatsächlich können sich auch Wildkatzen und Hauskatzen verpaaren, obwohl gewisse Fortpflanzungsbarrieren bestehen und sich die Verbreitungsgebiete in der Regel nicht überlappen. Neue Untersuchungen zeigen, dass jede sechste Wildkatze in der Schweiz zumindest einen Teil Hauskatzenblut in sich trägt. Dies muss nicht, kann aber eine ernsthafte Gefahr darstellen für die Wildform. Wildkatzen sind evolutiv viel besser an die Bedingungen angepasst als die erst kürzlich eingeführten Hauskatzen. Diese Anpassungen könnten bei hybridisierten Wildkatzen verwässern, was ihre Fitness senken würde. Ob dem so ist, ist Bestandteil der aktuellen Forschung. So oder so ist es ratsam, Massnahmen zu treffen, die der Gefahr einer Vermischung beider Arten entgegenwirken.

Weshalb Kastration wichtig ist

Wildkatzen haben nie die Nähe des Menschen gesucht und wurden auch nie gezähmt.

Hier sind Katzenhalterinnen und -halter angesprochen. Knapp zwei Millionen Hauskatzen leben in der Schweiz. Die meisten kommen natürlich nie in Kontakt mit ihren wilden Verwandten. Trotzdem ist es dem Schweizer Tierschutz STS ein grosses Anliegen, dass alle Katzen mit Auslauf kastriert oder sterilisiert werden. Zu hohe Katzenbestände führen meist dazu, dass Katzen ausgesetzt werden oder von selbst abwandern und sich dann unkontrolliert vermehren. So entstehen Populationen verwilderter, menschenscheuer Tiere, die in Konkurrenz zu den angestammten Wildkatzen treten oder sich sogar mit diesen kreuzen können. Durch konsequente Kastrationsmassnahmen kann eine rasante Ausbreitung und Populationszunahme gestoppt und die Gefahr der Hybridisierung gebannt werden. Gleichzeitig besteht das Risiko der Übertragung von Krankheiten von der Hauskatze auf Wildkatzen.

Der Schweizer Tierschutz STS und seine 71 Sektionen kastrieren jährlich über zehntausend verwilderte, herrenlose Katzen und Bauernhofkatzen und wenden dafür rund vierhunderttausend Franken auf. Sowohl aus Tier- wie aus Artenschutzgründen ist es wichtig, dass Katzenhalterinnen und -halter ihre Freilaufkatzen und Landwirtinnen und -wirte ihre Bauernhofkatzen kastrieren lassen.

Habitat aufgewertet

Typisches Merkmal: Der buschige Schwanz mit den dunklen Ringen unterscheidet die Wild- von der Hauskatze.

Typisches Merkmal: Der buschige Schwanz mit den dunklen Ringen unterscheidet die Wild- von der Hauskatze.

Wildkatzen profitieren aber auch von Aufwertungsmassnahmen in offenen Kulturlandschaften. Hecken, Büsche und andere Strukturen, die Deckung und Schutz bieten, werden nicht nur von der Wildkatze, sondern ebenso von vielen anderen Wildtierarten geschätzt und meist schnell angenommen. Dadurch werden die heute nur sporadisch gemachten Wildkatzensichtungen im Mittelland zukünftig vielleicht etwas häufiger, was wünschenswert wäre.

Tags: Katzen, Tierreport 2/24

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