Pelz gehört den Tieren
Pelz gehört den Tieren. (© FOTOLIA)Kritische Konsumentinnen und Konsumenten sollten von Echtpelz und Pelzprodukten die Finger lassen. In den allermeisten Fällen ist industrielle Fellproduktion nämlich brutalste Tierquälerei. Pelz aus «artgerechter» Haltung gibt es schlichtweg nicht.
Eva Rosenfelder
Echtpelz feiert traurigerweise ein Comeback. Von der Pelzindustrie gepriesen als hochwertiges Naturprodukt, das kuschelige Wärme spendet, finden sich vermehrt wieder Abnehmerinnen, die mit Tierleichen geschmückt über Laufstege und Einkaufsstrassen stolzieren. Doch das eigentliche Problem sind heute Pelzbesätze, Kapuzen, Kragen und Ähnliches, das oft ohne Wissen der Träger und Trägerinnen als eingefärbtes, zurechtgestutztes Accessoire in der Modebranche verwendet wird. «Es ist vor allem ein junges, urbanes Publikum, das heute dem Pelztragen eher unkritisch gegenübersteht – oder denkt, so ein kleines Stück Fell sei ja nicht so tragisch ...», sagt Katja Polzin, STS-Projektleiterin der Anti-Pelz-Kampagne. «Diese jungen Leute gilt es zu erreichen, denn aus jedem Stück Echtpelz schreit unsagbares Leid.»
Seit dem 1. März 2014 muss nach einer vom Bund gewährten Übergangsfrist von 12 Monaten zwar jedes Kleidungsstück mit Pelz genau deklariert sein. Gemäss einer Studie des STS sind aber 86 Prozent der Pelzprodukte in Schweizer Läden entweder unvollständig, falsch oder gar nicht deklariert. «Die Deklarationspflicht bringt immerhin so weit Licht ins Dunkel, dass niemand mehr behaupten kann, nicht gewusst zu haben, woher der Pelz am Kleidungsstück stammt», sagt Polzin. Was aber nicht verhindert, dass die meisten Pelze (Ausnahmen sind Robben-, Hunde- und Katzenfelle), sofern sie deklariert sind, weiterhin problemlos importiert werden können – auch wenn sie aus tierquälerischer Aufzucht stammen.
Schlimme Zustände in den Pelzfarmen
Pelz gehört den Tieren. (© STS)Rund hundert Millionen Pelztiere pro Jahr werden weltweit der Mode geopfert. Ihr kurzes Leben ist nur Qual, Leid und Schmerz. Im Gegensatz zu Nutztieren, gibt es EU-weit für die Haltung von Pelztieren lediglich «Empfehlungen» oder «Standards», die aus tierschützerischer Sicht völlig ungenügend sind. Weltweit stammen 85 Prozent der Felle aus der Pelzindustrie von Tieren, die auf Pelzfarmen ein Leben in engen, dreckigen Drahtkäfigen verbringen. Hinter den Kulissen der Modeindustrie werden sie erschlagen, mit Elektroschocks getötet oder sogar lebendig gehäutet. Um Schäden am Fell zu verhindern, werden oft äusserst schmerzhafte anale und genitale Elektroschocks verwendet, bei denen eine Elektrode im Mund, die andere in After oder Genitalien angebracht wird. Das Tier wird durch den Strom dann regelrecht innerlich verbrannt. Zahllose Tiere werden mit Knüppeln erschlagen, viele sind aber noch am Leben und wehren sich verzweifelt, während sie von den Arbeitern auf den Rücken geworfen oder an Beinen und Schwanz aufgehängt werden, um ihnen das Fell abzuziehen. Etwa eine Milliarde (!) Kaninchen wird so jährlich weltweit getötet, damit man ihr Fell zu Kleidung oder Pelzbesätzen verarbeiten kann. Jahr für Jahr werden auch Millionen von Wildtieren wie Waschbären, Kojoten, Wölfe, Rotluchse, Biber, Otter und andere Pelztiere durch aufgestellte Fallen (häufig grausame Tellereisen!) durch die Pelzindustrie getötet. Oft geraten auch andere Tiere – sogar Haustiere wie Hunde und Katzen – als «versehentliche Opfer» in diese Fallen und verenden grausam.
«Es ist vor allem ein junges, urbanes Publikum, das heute dem Pelztragen eher unkritisch gegenübersteht – oder denkt, so ein kleines Stück Fell sei ja nicht so tragisch ...»
Katja Polzin, STS-Projektleiterin der Anti-Pelz-Kampagne
Besonders schlimm ist es auf Pelzfarmen in China, wo die Misshandlung von Tieren mangels Tierschutzgesetzen nicht bestraft werden kann. Doch gerade China ist der grösste Pelzexporteur und verarbeitet 80 Prozent aller Pelzprodukte weltweit. Jährlich werden in der chinesischen Pelzindustrie auch mehr als zwei Millionen Katzen und Hunderttausende Hunde erschlagen, erhängt und oft bei lebendigem Leib gehäutet, um die Felle verarbeiten zu können. Oft lässt man die Tiere dann einfach ausbluten. 2005 veröffentlichte der STS Bilder der Zustände auf chinesischen Pelzmärkten. Bilder, die um die Welt gingen: etwa von jenem gehäuteten Marderhund, der auf einem Berg von Tierleichen lag und mit letzter Kraft noch seinen Kopf hob ...
Schlechte Umwelt- und Energiebilanz
Auf diese erbärmliche Weise gewonnene Felle werden zudem auch noch mit giftigen Chemikalien wie Schwefelsäure, Ammoniumchlorid oder Bleiazetat behandelt, um Zersetzung und Schimmelbildung zu verhindern. Schätzungsweise 54 Millionen Nerze wurden im Jahr 2011 weltweit von der Pelzindustrie vergast und erschlagen. Auch europäische Nachbarn stehen dem in nichts nach: trauriger Spitzenreiter ist Dänemark mit 15 Millionen getöteten Nerzen. Nerze sind von Natur aus Einzelgänger – für sie ist die Gruppenhaltung auf kleinstem und oft verdreckten Raum in Drahtkäfigen ein hochgradiger Stress. Ihr Kot trägt zudem zur Verschmutzung des Wasserkreislaufs bei, denn gefährliche Bestandteile dieser Ausscheidungen sind Nitrate und Phosphate, die bei unsachgemässem Betrieb in die Natur gelangen und verheerende Schäden in Bächen und Flüssen anrichten.
Auch die Energiebilanz der Pelzfarmen ist schlecht: Für die Herstellung eines Echtpelzmantels wird zwanzigmal mehr Energie benötigt als für die Produktion eines Kunstpelzes. Der Futtermitteltransport, die Elektrizität für Gebäude und Tötungsapparate, der Einsatz von Pestiziden, Impfstoffen und Antibiotika sowie der Abtransport von Kadavern rechnen sich in die mangelhafte Umweltbilanz eines Echtpelzproduktes mit ein.
Das Label für pelzfreie Mode
Wer tierfreundlich einkaufen und auf Echtpelz verzichten möchte, findet eine zuverlässige Orientierungshilfe im «Pelzfreilabel» des internationalen «Fur Free Retailer»-Programms, das der Schweizer Tierschutz STS in der Schweiz vertritt. Das STS-Label mit dem Füchslein und dem Schriftzug «Hier wird kein Tierpelz verkauft» zeichnet Geschäfte und Bekleidungsmarken aus, die in ihrer Kollektion gänzlich auf die Verarbeitung und den Verkauf von Echtpelz verzichten. Rund dreissig Schweizer Modeunternehmen konnte der STS bereits mit dem «Fur Free»-Label auszeichnen. Darunter führende Modemarken wie Schild, Charles Vögele,
Companys, Zimtstern, Sherpa und andere. Unter: www.furfreeretailer.com finden sich weitere 96 internationale «Fur Free»-Marken, welche auch in der Schweiz verkauft werden.
Helfen Sie uns
Melden Sie uns bitte unter www.tierschutz.com/pelz sowohl Geschäfte, die weiterhin am Echtpelzverkauf festhalten, als auch Geschäfte, die ihre Echtpelzprodukte ungenügend deklarieren. Wir schreiben diese an
und erwarten eine Stellungnahme.
Wer echten Pelz verkauft, muss diesen nach klaren Regeln deklarieren.
Eine ungenügende oder irreführende Pelzdeklaration kann für Händler und Geschäfte teuer werden: bis zu 10 000 Franken Busse kann das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV bei Verstössen aussprechen.
Tags: Tierreport 3/15, Pelz