An der Kette und hinter Gittern
Dies sind Bilder, die die STS-Fachstelle Tierschutzkontrollen immer wieder sieht, wenn sie Meldungen von schlechter Hundehaltung überprüft. © STS
Hunde in kleinen Zwingern, mit ungenügendem Witterungsschutz, ohne jegliche Beschäftigungsmöglichkeiten, ein völlig isoliertes Dasein fristend, mit Besitzern, die sich nur wenige Minuten pro Tag bei ihnen aufhalten. Hunde an der Kette, ohne Kontakt zu Artgenossen, mit einer kleinen Holzhütte als einzige Unterkunft.
Dr. phil. Arlette Niederer, STS-Fachstelle Heimtiere
Die Tierschutzverordnung (TSchV) enthält Vorschriften zur Grösse und Ausstattung eines Zwingers respektive zur Länge und Beschaffenheit der Kette. Auch schreibt das Gesetz vor, dass Hunde, welche im Zwinger oder an der Kette gehalten werden, täglich im Freien ausgeführt werden müssen oder dass ihnen alternativ dazu Auslauf in einem Aussengehege gewährt werden muss. Als soziale Tiere müssen Hunde täglich ausreichend Kontakt zu Menschen und soweit möglich zu anderen Hunden haben. Werden Hunde für mehr als drei Monate in einem Zwinger gehalten, müssen sie Sicht-, Hör- und Geruchskontakt zu einem anderen Hund in einem angrenzenden Gehege haben. Von dieser Regelung sind Hunde ausgeschlossen, die tagsüber während mindestens fünf Stunden ausserhalb des Geheges Kontakt zu Menschen oder anderen Hunden haben.
Diese gesetzlichen Vorgaben sind aus mehreren Gründen mangelhaft und reichen bei Weitem nicht aus, um den Hunden ein tiergerechtes Leben zu sichern: Der lange Zeitraum von drei Monaten, innert welchem Zwingerhunde ohne jeglichen Kontakt zu Artgenossen gehalten werden dürfen, ist aus Sicht des Tierschutzes absolut inakzeptabel. Und ebenso die Tatsache, dass Hunde, wenn sie Zugang zu einem Aussengehege haben, nicht zwingend ausgeführt werden müssen. Sind doch die Aussengehege je nach Rasse viel zu klein, um eine wirkliche Bewegungsfreiheit zu gewährleisten, und ausserdem oft trostlos und ohne jegliche Strukturierung. Auf die Dauer können sie Hunden so keine ausreichende Beschäftigung bieten.
Der Gesetzestext ist an einigen Stellen so unpräzise formuliert, dass er seine Wirkung verfehlt. Formulierungen wie «ausreichend» und «soweit möglich» erlauben es den Besitzern, den Kontakt zu ihren Hunden auf ein absolutes Minimum zu beschränken und ihnen den Sozialkontakt zu Artgenossen gar ganz zu verwehren!
Besonders schwer wiegt die Tatsache, dass kaum überprüfbar ist, ob den gesetzlichen Vorschriften gerade in den aus Tierschutzsicht besonders relevanten Punkten Sozialkontakt, Beschäftigung und Bewegung Rechnung getragen wird. Die Praxiserfahrungen der Fachstelle Tierschutzkontrollen zeigen, dass die Aussagen der Melder betreffend der Zeitdauer, in der die Hunde im Zwinger oder an der Kette ausharren müssen, oft im Widerspruch zu den Aussagen der Hundehalter stehen. In solchen Fällen können nur mehrtägige Beobachtungen vor Ort Klarheit schaffen. Und wenn der STS seine Erkenntnisse dem Veterinäramt weiterleitet, steht es oft genug Aussage gegen Aussage. An den inakzeptablen Lebensbedingungen der Tiere ändert sich somit meistens nichts.
Soziale Isolation, Langeweile, Bewegungsmangel
Für die Hunde stellen Zwinger und Kette Haltungsformen dar, die keine Rücksicht auf ihre grundlegenden Bedürfnisse als hochsoziale, intelligente Lauftiere nehmen. Es fehlen ihnen hierbei die so wichtigen Interaktionen mit Artgenossen wie gemeinsames Spielen, Herumtollen und gegenseitiges Beschnuppern. Auch das Ausleben von Verhaltensweisen wie Schnüffeln, Spurenlesen, Markieren und Erkunden der Umgebung wird ihnen so verwehrt. Es gilt ausserdem zu bedenken, dass Hunde durch die lange Domestikationszeit sehr eng an den Menschen gebunden wurden. Widmet man ihnen nicht täglich viel Zeit in Form von gemeinsamem Spiel, interessant gestalteten Spaziergängen, spielerischen Erziehungsübungen sowie Zuwendung in Form von Streicheleinheiten und Fellpflege, leiden Hunde unter ihren Lebensbedingungen. Nicht selten reagieren sie auf diese belastenden Haltungsformen mit Verhaltensauffälligkeiten wie etwa Stereotypien, andauerndem Bellen, ständigem Sich-im-Kreis-Drehen und Schwanzjagen, Apathie, Wundlecken, Aggression oder übertriebener Ängstlichkeit. Auch gesundheitliche Probleme wie etwa Gewichtsprobleme, Muskel- und Gelenkerkrankungen sowie Liegeschwielen sind nicht selten.
Dringender Handlungsbedarf
Aus Sicht des STS müssen diese untragbaren Zustände der laschen Gesetzgebung mit tierquälerischen Haltungsbedingungen dringend gestoppt werden. Die zunehmende Anzahl an Meldungen betreffend schlechter Ketten- und Zwingerhaltung sind ein Hinweis darauf, dass die Akzeptanz für diese Haltungsformen in der Bevölkerung abnimmt und die Sensibilisierung für eine tiergerechte Hundehaltung wächst. Der Schweizer Tierschutz STS fordert deshalb, dass die Kettenhaltung von Hunden verboten wird und die Haltung im Zwinger nur noch unter für die Hunde wesentlich verbesserten Bedingungen erlaubt bleibt.
Die vollständige STS-Recherche «Zwinger- und Kettenhundehaltung in der Schweiz» finden Sie hier.
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