Keine Mode auf Kosten des Tiers
Wer Mulesing nicht unterstützen will, sollte auf den Kauf von Merinowolle verzichten oder wenigstens auf ein Label achten. (© Adobe Stock)
Daunen, Leder, Wolle – für Modeartikel greifen Herstellerinnen und Hersteller gern auf Produkte zurück, die von Tieren stammen. Nicht alle sind unbedenklich: Darauf sollten tier- und umweltfreundliche Konsumentinnen und Konsumenten achten, um beim Einkauf nicht ungewollt tierquälerische Produktionsmethoden zu unterstützen.
SIMON KOECHLIN
Daunen
Die Daunen von Gänsen und Enten sind ein hervorragendes Isoliermaterial. Der Mensch nutzt sie gern für Duvets, Jacken und Schlafsäcke. Sie können sowohl vom lebenden als auch vom toten Tier gewonnen werden. Der Lebendrupf verursacht den Tieren enorme Schmerzen, die Federn werden ihnen bei vollem Bewusstsein im Akkord von Hand oder maschinell ausgerissen. In der Schweiz ist diese tierquälerische Praxis schon lange verboten. Ein Teil der auf dem Weltmarkt gehandelten Daunen stammt aber immer noch aus Lebendrupf und die Handelsketten sind undurchsichtig.
Trotzdem haben Bundesrat und Parlament kürzlich ein Importverbot für Daunen aus Lebendrupf abgelehnt. Wer den Kauf solcher «Quäldaunen» vermeiden will, verzichtet entweder ganz auf Daunenprodukte, kauft Produkte des Verbands der Schweizer Bettwarenfabriken VSB oder achtet auf entsprechende Labels. Zu den bekanntesten zählen RDS («Responsible Down Standard») und Global TDS («Global Traceable Down Standard»).
Merinowolle
Die Wolle des Merinoschafs ist besonders fein und angenehm zu tragen. Um den Wollertrag zu vergrössern, wurden der Rasse viele Hautfalten angezüchtet. Am Hinterteil jedoch legen Schmeissfliegen ihre Eier in diese Falten ab, besonders wenn die Wolle feucht und verkotet ist. Wenn die Maden schlüpfen, fressen sie sich ins Fleisch, was zu Infektionen führt. In Australien, dem grössten Merinoproduzenten, werden Lämmern deshalb vorbeugend grosse Hautlappen am Hinterleib abgeschnitten – ohne Betäubung.
Mit einer Deklarationspflicht für Merinowolle, die mit diesem als Mulesing bezeichneten tierquälerischen Verfahren gewonnen wurde, könnten Konsumentinnen und Konsumenten selbst entscheiden, ob sie darauf verzichten wollen. Bundesrat und Parlament haben aber die Einführung einer solchen Deklarationspflicht kürzlich abgelehnt. Wer Mulesing nicht unterstützen will, sollte deshalb auf den Kauf von Merinowolle verzichten oder wenigstens auf ein Label achten. RWS («Responsible Wool Standard») etwa kontrolliert die Produktion der Wolle jährlich.
Kaschmir
Die feine Unterwolle der Kaschmirziege gilt als eine der wertvollsten Naturfasern. Der grosse Teil der Weltproduktion stammt aus Zuchtbetrieben in China und in der Mongolei. Zum Teil wird die Wolle den Tieren mit blossen Händen oder mit spitzen Metallkämmen ausgerissen. Oder man schert die Tiere im Winter, was Krankheiten verursachen kann.
Wer solche Tierquälerei nicht unterstützen möchte, sollte auf Kaschmir verzichten oder auf ein Label wie RWS («Responsible Wool Standard») achten.
Angorawolle
Angora ist eine flauschige Faser, die aus dem weichen Fell des Angorakaninchens gewonnen wird. Sie wird ihrer schweissabsorbierenden und wärmenden Eigenschaften wegen geschätzt. Der grösste Teil der Angorawolle auf dem Weltmarkt stammt aus China. Die Tiere werden dort in Pelzfarmen unter zum Teil tierquälerischen Bedingungen gehalten und auf Streckbänken fixiert, um sie zu rupfen oder zu rasieren.
Wer solche Haltungen nicht unterstützen möchte, sollte auf das Etikett achten und auf Produkte verzichten, die Angorawolle enthalten. Verschiedene Modefirmen haben Angorawolle aus ihrem Sortiment genommen.
Mohair
Als Mohair werden die Haare der Angoraziege bezeichnet. Es handelt sich um eine lange, seidige und sehr feine Wolle, die in der Modeindustrie als Luxusprodukt gilt. Ein grosser Teil der Mohairwolle stammt aus Südafrika. Typischerweise werden die Tiere zweimal pro Jahr geschoren. Weil Ziegen im Gegensatz zu Schafen über keine isolierende Fettschicht am Körper verfügen, leidet ihr Wärmehaushalt unter der Schur. Wind und Regen machen die Ziegen anfällig für Lungenentzündungen, die tödlich enden können.
Wer tierfreundlich einkaufen will, sollte auf Mohairprodukte verzichten. Einige Modefirmen haben diese Wolle bereits aus ihrem Sortiment gestrichen.
Exotenleder
Schlangen, Waranen oder Rochen ist in der Luxusgüterbranche beliebt. Diese stellt daraus Uhrenarmbänder, Taschen, Schuhe, Portemonnaies und andere Waren her. Krokodile und Alligatoren werden in Afrika, Amerika und Australien auf Farmen teils in extremer Enge und schmutzigem Wasser gehalten. Pythons, Warane und Fische werden ihrer Haut wegen in freier Wildbahn gefangen und in Verarbeitungsfabriken oft bei lebendigem Leib gehäutet.
Die Schweiz ist eine Drehscheibe für tierquälerisch hergestelltes Exotenleder. Es wird importiert, hier veredelt und mit dem Swissness-Label in die ganze Welt verkauft. Im Parlament ist eine Motion hängig, die den Bundesrat beauftragt, eine Deklarationspflicht für Reptilienleder und deren Produkte zu schaffen. So hätten Konsumentinnen und Konsumenten immerhin Klarheit über Tierart, Herkunft und Gewinnungsart solcher Produkte. Tierfreundinnen und -freunde verzichten aber grundsätzlich auf Produkte aus Exotenleder.
Persianer/Karakul
Persianer, Karakul oder Breitschwanzschaf werden die weichen, gewellten Lammfelle des Karakulschafs genannt. Es existieren verschiedene Felltypen. Für manche werden zwei bis drei Tage alte Lämmer getötet – zurück bleiben Muttertiere mit vollen, schmerzenden Eutern. Für die Gewinnung eines echten Persianers werden sogar trächtige Mutterschafe geschlachtet, um den Fötus zu häuten.
Auf den Kauf von Karakulmänteln und anderen Karakulprodukten ist aus Tierschutzgründen unbedingt zu verzichten.
Shahtoosh
Die Shahtooshwolle der Tibetantilope gilt als die feinste, wärmste und weichste Wolle der Welt. Sie wird zu luxuriösen Schals verarbeitet und teuer verkauft. Für die Herstellung eines Schals müssen drei bis fünf Antilopen getötet werden. Der Bestand dieser geschützten Tierart ist daher innerhalb eines Jahrhunderts um neunzig Prozent zurückgegangen. Obwohl der Handel mit Shahtooshwolle strengstens verboten ist, werden immer wieder solche Schals beschlagnahmt – auch in der Schweiz.
Wird einem Shahtooshwolle zum Verkauf angeboten, sollte man umgehend die Polizei informieren.
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