Tierreport – Offizielles Organ des Schweizer Tierschutz STS
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Plan C für den Weg ins Leben

© Adobe Stock

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Auch die sonst so unabhängigen Katzen brauchen mitunter Hilfe. Vor allem dann, wenn sie noch klein sind. Wer dazu bereit ist, hat alle Hände voll zu tun.

Daniela Poschmann

Neugeborene – egal ob Mensch oder Tier – sind in den meisten Fällen auf liebevolle Fürsorge angewiesen. Sie vertrauen darauf, dass ihnen jemand den Weg weist, sie in kalten Nächten wärmt und sie füttert, wenn ihnen der Magen knurrt. Doch was ist, wenn die Mutter nicht zur Stelle ist? Bei Katzen etwa ist das keine Seltenheit. Mitunter findet man sie allein und ausgesetzt auf der Strasse oder das Muttertier ist zwar noch da, hat aber zu wenig Milch oder ist krank. Alles Szenarien, die einen Plan B oder sogar einen Plan C erfordern.

Wer sich in einer solchen Situation befindet und mutterlose Katzenwelpen zuhause hat, tut gut daran, zuerst nach einer tierischen Amme zu suchen. Ganz nach dem Grundsatz: Jede Ersatz­mutter ist besser als die Aufzucht von Menschenhand. Im Internet finden sich zahlreiche Seiten zu diesem Thema. Wird man trotzdem nicht fündig, muss man selbst Hand anlegen.

Ruhe und Wärme

Die Zauberworte in den ersten Tagen lauten Ruhe und Wärme. «Da Katzen zu Beginn ihres Lebens ihre Körpertemperatur noch nicht selbst regulieren können, muss diese zwingend regelmässig kontrolliert werden und den Tieren – wenn nötig – Wärme von aussen zugeführt werden», betont Arlette Niederer vom Schweizer Tierschutz STS. Dabei kann eine mit Decken, Wärmekissen oder Wärmflaschen ausgestattete Kiste mit hohem Rand helfen – mit oder ohne Infrarotlampe. Wer sich für eine Lampe entscheidet, sollte auf einen sicheren Abstand achten, damit sich die Samtpfoten nicht verbrennen. Wärmflaschen lassen sich sicherheitshalber in ein Tuch einwickeln und sind regelmässig auf ihre Temperatur zu überprüfen. «Sehr empfehlenswert ist auch menschliche Körperwärme», so die Fachfrau. Die ideale Umgebungstemperatur liegt in der ersten Woche bei 30 Grad Celsius, in der zweiten bei 28, in der dritten bei 26 – bis ab der vierten Woche die normale Raumtemperatur ausreicht. So sollte die tierische Körpertemperatur in den ersten drei Tagen bei 37 bis 38,2  Grad Celsius liegen und danach auf maximal 39,2   Grad steigen.

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Beginnen die Welpen lautstark zu fiepen oder suchen offensichtlich nach Mamas Zitze, haben sie Hunger. In den ersten beiden Wochen ist das alle zwei Stunden der Fall, danach etwa alle vier Stunden. Länger sollte man sie nicht hungern lassen, da sie schnell dehydrieren und unterzuckern können. Anfangs reicht wie immer Milch. Zwar hat die natürliche Muttermilch Nähr- und Abwehrstoffe, die kein künstlich hergestelltes Produkt aufweist, dennoch gibt es relativ gute Ersatzprodukte. Kuhmilch gilt es übrigens strikt zu vermeiden. Sie ist zu schwer verdaulich und kann zu starkem Durchfall führen. Zur Not kann man sich kurzzeitig mit Kondensmilch behelfen (siehe Rezept). Das Ergebnis einfach in kleine Eiswürfelschalen oder -beutel abfüllen und portionsweise einfrieren. So ist man immer schnell parat.

Die Massage danach

Zeigt das Kätzchen keinen Schluckreflex oder verweigert es das Trinken, muss man in die Trickkiste greifen. «Es gibt im Handel gute Nuggiaufsätze, mit denen die Milch eingegeben werden kann – und die auch den Schluckreflex bedienen, der mit dem Saugreflex gekoppelt ist», weiss Niederer. Die Aufsätze passen sich der Mundhöhle und dem Gaumen an und sind in verschiedenen Grössen erhältlich. Das Loch im Sauger sollte so gross sein, dass etwa ein Tropfen Milch pro Sekunde herausfliesst. Ist es kleiner, fällt das Trinken zu schwer und die Kätzchen nehmen zu wenig Flüssigkeit auf. 

Gerade bei geschwächten Tieren ist es laut der Biologin oftmals besser, zuerst etwas Glukoselösung zu verabreichen. Diese gibt einen Energieschub und regt in der Regel das Saugen und Schlucken an. Notfalls könne man auch mit einer Zwei-Milliliter-Spritze ohne Nadel versuchen, die Milch einzuträufeln. Wichtig: Unbedingt eine Spritze verwenden, die gut gleitet und sich auf Druck nicht ruckartig bewegt – ruckartige Bewegungen können zu einer Überdosierung führen, woran sich das Kätzchen verschlucken kann. Nützt das alles nichts, hilft nur der Weg zum Tierarzt, der gegebenenfalls die Fütterung mittels einer Sonde einleitet.

Wer eigene Kinder hat, weiss, dass man nach dem Trinken die Verdauung ankurbeln muss. Während man Säuglinge dazu auf den Arm nimmt und ihnen sanft auf den Rücken klopft, massiert man die Vierbeiner am Bauch und in der Anal­gegend. Dabei gilt: Je länger, desto besser. Nicht ohne Grund putzt die Katzenmutter ihre Welpen nach dem Säugen ausgiebig. So gehegt und gepflegt sollte das Gewicht der Kätzchen täglich um rund zehn Prozent steigen.  

Notfallrezept für die kurzfristige Fütterung von Welpen:

  • 90 ml Kondensmilch
  • 90 ml Wasser
  • 120 ml Vollmilchjoghurt
  • 3 grosse oder 4 kleine Eigelb

Alles pürieren und durch ein Sieb giessen, danach auf 37 °C erwärmen. 

 

Tags: Ausgaben/Tierreport 1/23, Katzenaufzucht

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